Von Myriam Lenz

Einfach einige Schilder an die Bäume zu nageln und loszulaufen, geht nicht. Die Anforderungen an eine ausgeschriebene Route sind hoch. Der Fernwanderweg Oberhessen-Steig, das interkommunale Aushängeschild für die Landesgartenschau 2027, soll von einem Planungsbüro weiterentwickelt werden. Es ist das wichtigste interkommunale Projekt für die Landesgartenschau 2027 (LGS). Der Oberhessen-Steig soll die elf teilnehmenden Städte und Gemeinden miteinander verbinden. Die Idee und auch die komplexen Vorbereitungen kommen vom Vogelsberger Höhenclub (VHC). Der Wetteraukreis unterstützte die Startphase, der Verein Oberhessen und die Landesgartenschau Gesellschaft sind nun die Projektträger. Demnächst soll ein Planungsbüro mit der detaillierten Umsetzung betraut werden. Es muss einiges organisiert werden: Wie wird die Markierung aussehen, wie die Wegweiser? Wie kann der Fernwanderweg in Karten verewigt, im Internet präsentiert, beworben und in die Landesgartenschau integriert werden? Der Oberhessen-Steig soll langfristig in das Tourismuskonzept für Oberhessen verankert werden.

Über eine Leader-Förderung soll nun ein Planungsbüro folgende Aufgaben übernehmen: die bestehenden Angebote, Infrastrukturen und Ressourcen sammeln, die vorgesehene Wegeführung auch mit privaten Geländeeigentümern absprechen und zur finalen Abstimmung bringen. Die Planer sollen die Zielgruppen definieren, die Finanzierung der Wegweiser und der Beschilderung klären, das Gespräch mit Gastronomie und Anbietern von Unterkünften suchen, Streckenpaten auftun und natürlich die Kosten und den Zeitplan im Blick haben. »Die Begleitinfrastruktur und die digitale Verpackung werden eine ganz komplexe Sache, von der die Attraktivität der Strecke abhängt«, sagt Florian Herrmann, Geschäftsführer der LGS. Herrmann, Thomas Hellingrath, ebenfalls Geschäftsführer der LGS-Gesellschaft, Peter Dubowy vom VHC Büdingen und Motor des Projekts, Jürgen Uwe Klein vom VHC Nidda, Gederns Erster Stadtrat Herbert Weber und Henrike Strauch, Vorsitzende des Vereins Oberhessen, sitzen vor dem Gederner Schloss zusammen, um die nächsten Schritte zu erläutern. Mitte 2024 sollen das Grundkonzept und das Logo für die Beschilderung stehen und nach Möglichkeit die ersten Markierungen und Wegweiser angebracht sein.» Dann haben wir noch drei Jahre, um die nächste Qualitätsstufe auszubauen und das nach außen zu tragen«, sagt Florian Herrmann. Was kann ein Planungsbüro vom Schreibtisch aus bewirken, was die Wanderer vom VHC, die wohl jeden Stein auf der Route kennen, nicht können? »Alles kritisch zu hinterfragen«, sagt Peter Dubowy. ».

Jeder Einzelne von uns hat so seine Interessen, Vorstellungen und Annahmen. «Diese müssten mit einem ungefärbten, professionellen Blick von
außen betrachtet werden. Alles, was mit den Schildern zusammenhänge, und die Detailarbeiten könne das Ehrenamt nicht leisten, unterstreicht auch Herbert Weber. Thomas Hellingrath, der öfters mit dem Fahrrad Urlaub macht, stimmt ihm zu. Wenn die Beschilderung nicht stimme, senke das die Laune enorm. Die meisten Wanderer sind zwischen 40 und 59 Jahre alt, besagen die Umfragen von Statista.com. Das Naturerlebnis steht als Motiv an erster Stelle, die Möglichkeit, Stress abzubauen, ist wichtig. Das lassen sich inzwischen viele etwas kosten. Wandern ist kein Billigurlaub mehr. Wer das heute macht, hat Geld, weiß Hellingrath. Laut einer Erhebung zur LGS in Niedersachen 2018 gibt jeder Gast zusätzlich zum Eintritt 35 Euro, mit Übernachtung 157 Euro aus. Insbesondere die Wohnmobilisten sind da nicht knausrig. Dass noch Anlaufstellen zum Einkehren fehlen und deutlich mehr und auch qualitative Übernachtungsmöglichkeiten benötigt werden, darüber sind sich alle einig–insbesondere gefragt ist ein größeres Hotel, das Gruppen von Busreisenden aufnehmen kann. Die Mobile Homes am Gederner See, berichtet Herbert Weber, sind 120 bis 130 Tage im Jahr belegt. »Wenn jetzt schon über die vergangenen Jahre eine hohe Buchungsrate da ist, dann besteht für die LGS eine Überforderung. «.

Durch die Unterbringung von Geflüchteten seien viele Wohnungen für Gäste weggefallen. Förderprogramme für Tourismus. Weber hofft auf Förderprogramme für den Tourismus, Hellingrath auf Privatiers, die diese Chance sehen und sie ergreifen. Die beiden Feriendörfer in Ober-Seemen und Gedern könnten eventuell die Nachfragen 2027 zumindest temporär lösen. Im Mai und Juni nächsten Jahres plant Peter Dubowy rund 250 Stunden seiner Freizeit für die Beschilderung ein. Die Resonanz auf die einzelnen Etappen in der Wander-App Komoot ist groß, berichtet er. Da sei viel Bewegung drin. Die Gewissheit einer Weiterempfehlung liegt nah. Viele wollen mit Peter Dubowy und der VHC-Gruppe loslaufen. Damit sind gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Wer einen Kundigen wie ihn an seiner Seite hat, sieht mehr und profitiert von seinem Wissen. Den zweiten Vorteil nennt Thomas Hellingrath: »Der Wanderweg ist prädestiniert dafür, der Region Oberhessen eine Identität zu geben.«

INFO Fakten zum Oberhessen-Steig

Die komplette Länge des Oberhessen-Steigs beträgt 181 Kilometer, in der Kurzversion sind es 146. Zehn Etappen verbinden Büdingen, Kefenrod, Gedern, Schotten, Nidda, Echzell, Ranstadt, Hirzenhain, Ortenberg, Glauburg und Limeshain. Die einzelnen Strecken sind zwischen 13 und 23 Kilometer lang. Fünf prämierte Wege werden Bestandteile der Route, wie zum Beispiel die Naturtour Nidda, der Eisenpfad Gedern und der Dreitälerweg Gelnhaar-Bindsachsen. Es gibt zwei barrierearme Wege im Bingenheimer Ried und im Kurpark Bad Salzhausen und einen barrierefreien Weg um den Gederner See. Wer den kompletten Weg erwandern möchte, benötigt zehn Tage. In der Gesamtheit wird der Oberhessen-Steig kein Premiumwanderweg. Ein solcher muss in erster Linie naturbelassen sein, in regelmäßigen Abständen Sitzbänke vorweisen. Der Oberhessen-Steig führt bewusst durch die elf Städte der Landesgartenschau.